Die 1-Hz-Prüfung verstehen: Die Wissenschaft hinter einer verbesserten Isolationsbewertung

Die Unversehrtheit der Isolation ist bei Hochspannungsgeräten (HV-Geräten) von größter Bedeutung.
Zur Bewertung des Isolationszustands haben Ingenieure jahrzehntelang die Prüfung des Netzfrequenz-Verlustfaktors (LF-DF) verwendet. Jüngste Fortschritte haben jedoch gezeigt, dass die Ergänzung dieser traditionellen Methode durch 1-Hz-Prüfungen eine umfassendere und genauere Bewertung ermöglicht.
Werfen wir einen Blick auf die Theorie hinter diesem innovativen Ansatz.
Dielektrisches Verhalten im Frequenzbereich
Um die 1-Hz-Prüfung zu verstehen, müssen wir zunächst verstehen, was dielektrisches Verhalten ist.
Wenn wir ein sinusförmiges Signal auf ein Isolierungssystem anwenden, können wir verschiedene dielektrische Eigenschaften messen, darunter Kapazität, komplexe Permittivität und Leitfähigkeit.
Die Gesamtstromdichte beinhaltet zwei Komponenten
- eine in Phase mit dem angelegten Feld (resistive Komponente)
- und eine 90°-Komponente, die dem angelegten Feld vorauseilt (kapazitive Komponente)
Diese Messungen liefern uns wertvolle Informationen über den Zustand der Isolierung, ohne diese zu beschädigen.
Insbesondere das Verhältnis von imaginären und realen Komponenten der komplexen Permittivität ε ̂, das auch als Verlustfaktor oder tanDelta (δ) bezeichnet wird, ist entscheidend für die Bewertung des Isolationszustands.
ε ̂=ε^' (ω)-iε"(ω)
tanδ (ω)=(ε" (ω) )/(ε^' (ω) )
Temperatur spielt eine Rolle: Die Arrhenius-Gleichung
Leider sind tanDelta-Messungen temperaturabhängig. Eine der Herausforderungen bei der Isolationsprüfung besteht darin, Temperaturschwankungen zu berücksichtigen.
Die Arrhenius-Gleichung zeigt, wie die Temperatur das dielektrische Verhalten beeinflusst:
L=ln(f_2 )-ln(f_1)=-E_a/κ_B (1/T_2 -1/T_1 )
wobei EA die Aktivierungsenergie, kB die Boltzmann-Konstante und T die Temperatur in Kelvin ist.
Mit dieser Gleichung ist es möglich, Messungen auf eine Referenztemperatur (typischerweise 20 °C) zu normieren.
Diese Korrektur ist für genaue Vergleiche über einen bestimmten Zeitraum oder zwischen verschiedenen Anlagen von entscheidender Bedeutung.
Der Einfluss der Temperatur auf eine ölimprägnierte Papierprobe (OIP) ist in Abbildung 1 dargestellt.

Netzfrequenz-Verlustfaktor: Der herkömmliche Ansatz
Die Isolationsbewertung basierte bisher auf der Prüfung des Netzfrequenz-Verlustfaktors (LF-DF), die bei 50 oder 60 Hz durchgeführt wurde. Diese Methode ist zwar nützlich, hat jedoch Grenzen.
Die LF-DF-Werte können manchmal auch bei einer Verschlechterung der Isolation stabil bleiben, was bedeutet, dass die Prüfergebnisse die frühen Anzeichen von Problemen nicht aufdecken.
Wie bereits erwähnt, sind die Ergebnisse zudem in hohem Maße temperaturabhängig, was eine genaue Interpretation ohne entsprechende Korrektur erschwert.

1-Hz-Prüfung: Ein ergänzender Ansatz
Die Messung des Verlustfaktors sowohl bei 1 Hz als auch bei Netzfrequenz bietet mehrere Vorteile:
1. Höhere Empfindlichkeit: 1-Hz-Messungen reagieren bis zu zehnmal empfindlicher auf Änderungen der Isolationsbedingungen als Netzfrequenzprüfungen.
2. Früherkennung: Probleme, die mit LF-DF-Prüfungen allein möglicherweise nicht erkannt werden, können oft mit 1-Hz-Messungen identifiziert werden.
3. Sofortige Interpretation: Die Ergebnisse bei einer Frequenz von 1 Hz sind in der Regel einfacher zu interpretieren und erfordern keine langfristige Trendanalyse.
Das Konzept der verlustärmsten Frequenz
Um den Wert von 1-Hz-Prüfungen vollständig zu verstehen, ist es notwendig, das Konzept der verlustärmsten Frequenz im dielektrischen Verhalten der Öl-Papier-Isolation zu verstehen.
Beim Durchlaufen verschiedener Frequenzen beobachten wir einen Übergangspunkt (ωr), an dem sich das dielektrische Verhalten von einem relativ linearen verlustarmen System in einen Bereich mit höherem Verlust und größerer Streuung verschiebt.
Temperaturänderungen führen zu einer Verschiebung dieser verlustärmsten Frequenz. Höhere Temperaturen führen zu höheren Frequenzen, während niedrigere Temperaturen zu niedrigeren Frequenzen führen.
Diese Verschiebung ist entscheidend, da Änderungen in der Kurve des dielektrischen Verhaltens entlang der vertikalen oder horizontalen Achse eine Änderung des Isolationszustands anzeigen können, wie in Abbildung 2 dargestellt.

Durch Messungen sowohl bei Netzfrequenz als auch bei 1 Hz können wir dieses Verhalten besser erfassen und erhalten ein vollständigeres Bild des Isolationszustands.
Fazit
Die Kombination von Netzfrequenz- und 1-Hz-Verlustfaktorprüfung in Verbindung mit einer geeigneten Temperaturkorrektur ist ein leistungsfähiges Mittel zur Bewertung des Isolationszustands von HV-Anlagen.
Dieser Ansatz bietet eine höhere Empfindlichkeit, eine frühere Problemerkennung und zuverlässigere Ergebnisse unter verschiedenen Temperaturbedingungen.
Da sich die Grenzen der Energieversorgungsnetze immer weiter verschieben, werden diese fortschrittlichen Prüfmethoden immer wichtiger, um die Zuverlässigkeit wertvoller Anlagen zu gewährleisten und ihre Lebensdauer zu verlängern.
In zukünftigen Beiträgen werden wir praktische Anwendungen der 1-Hz-Technologie untersuchen und erörtern, wie sie die Wartungspraxis vor Ort revolutioniert.
Erfahren Sie, wie 1-Hz-Prüfungen in der Praxis den Unterschied ausmachen, sei es bei Transformatoren, Durchführungen oder in anderen Bereichen!
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